Wirecard Musterverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht

Das Bayerische Oberste Landesgericht machte am 22. November 2024 den geschädigten Gläubigern der Wirecard AG in dem Musterverfahren gegen Dr. Markus Braun, die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Dr. Michael Jaffé als Insolvenzverwalter des Vermögens der Wirecard AG u.a. grundsätzlich Hoffnung, dass Ansprüche bestehen könnten. Es weist jedoch auf zahlreiche Hürden hin, die noch zu überwinden sind.

In dem unter dem Az. 101 Kap 1/22 beim Bayerischen Obersten Landesgericht geführten Musterverfahren fand am 22. November 2024 die erste mündliche Verhandlung in der Münchner Wappenhalle statt. Es wurde gemäß Beschluss vom 5. Juni 2024 ausschließlich zu dem Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 14. März 2022 verhandelt zu den Fragen der Statthaftigkeit der Feststellungsziele gegen die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Bestimmtheit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses.

Sowohl zu Beginn als auch am Ende der Verhandlung rief der Senat die Beteiligten nachdrücklich dazu auf, sich vergleichsweise zu einigen, da Ansprüche zwar voraussichtlich bestehen würden, bis dahin jedoch noch viele Hürden zu nehmen seien.

Zur Frage der Statthaftigkeit der Feststellungsziele gegen die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, insbesondere ob eine Haftung wegen eines fehlerhaften Prüfvermerks in einem Musterverfahren nach dem KapMuG geltend gemacht werden kann, hat sich der Senat nach nunmehr über 2 ½ Jahren noch keine Meinung gebildet.

Hinsichtlich der mangelnden Bestimmtheit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses wies der Senat wenig überraschend auf die handwerklichen Fehler des Vorlagebeschlusses des Landgerichts München I hin. Mit den im Hinblick hierauf bereits von verschiedenen Verfahrensbeteiligten eingereichten zahlreichen ergänzenden Feststellungszielen setzte sich der Senat nicht auseinander.

Zu diesen Fragen wird am 28. Februar 2025 eine Entscheidung verkündet. Im Übrigen sollen auch noch Hinweise ergehen.

Rechtsanwalt Robert Gebhard, Kathmann & Gebhard Rechtsanwälte, sowie Rechtsanwalt Christian Wefers, Partner der Kanzlei DRRT, waren als Beteiligtenvertreter vor Ort. Rechtsanwalt Robert Gebhard führt ein Pilotverfahren gegen den Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé wegen Schadensersatzansprüchen geschädigter Anleihegläubiger, da dieser deren zur Insolvenztabelle angemeldete Ansprüche bestritten hat. Insoweit musste das Landgericht München I das Pilotverfahren wegen des anhängigen Musterverfahrens aussetzen, da der Insolvenzverwalter die Kenntnis des Vorstands der Wirecard AG hinsichtlich der Bilanzmanipulationen, die auch Gegenstand des hiesigen Lebenssachverhalts sind, mit Nichtwissen bestritten hat. Rechtsanwalt Christian Wefers war ebenfalls als Vertreter zahlreicher geschädigter institutioneller Investoren vor Ort.