Versetzung ins Ausland

Versetzung ins Ausland gegen den Willen des Arbeitnehmers möglich?

Viele Unternehmen sehen die Standortbedingungen in Deutschland kritisch. Hohe Arbeitskosten, Bürokratie und nicht zuletzt Energiesicherheit und Energiekosten führen zu Überlegungen, Standorte ins Ausland zu verlagern. Können die am Standort im Ausland benötigten, bisher in Deutschland beschäftigten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch gegen ihren Willen an den neuen, ausländischen Standort versetzt, also nicht nur vorübergehend dorthin entsandt, werden?

Unter Umständen „ja“, ist die erstaunliche Antwort.

Wenn eine Versetzung ins Ausland weder im Arbeitsvertrag noch zu einem späteren Zeitpunkt explizit ausgeschlossen wurde, ist eine Versetzung ins Ausland vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO gedeckt, vorausgesetzt es handelt sich um eine gleichwertige Tätigkeit. Die Zulässigkeit der Versetzung unterliegt aber in jedem Einzelfall einer Billigkeitskontrolle (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.11.2022 – 5 AZR 336/21). In die Billigkeitskontrolle sind auch die familiären Verhältnisse sowie steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte einzubeziehen. Der Billigkeitskontrolle hält eine Versetzung in der Regel dann stand, wenn kein anderer Arbeitsort in Frage kommt, beispielsweise, weil ein Standort in Deutschland geschlossen wird.

Auch wenn die Kenntnisse und Fähigkeiten der Leistungsträger am bisherigen inländischen Standort nicht verloren gehen sollen und qualifizierte Beschäftigte am Standort im Ausland benötigt werden, nicht zuletzt zur Anleitung und Einarbeitung der vor Ort rekrutierten neuen Beschäftigten, sollte gerade in Zeiten des Fachkräftemangels eine Zwangsversetzung noch intensiver als sonst auf den Prüfstand gestellt werden. Unterstützung bei der Suche nach einer Unterkunft, einer adäquaten Arbeitsstelle für die Partnerin/den Partner, Kita, Schule und vieles andere mehr kann einen Wechsel ins Ausland für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interessant machen, so dass eine Zwangsversetzung nicht nötig ist und schlussendlich beide Arbeitsvertragsparteien von einer Versetzung ins Ausland profitieren.

Im Arbeitsrecht berät Sie gerne: Frau Cornelia Leicht, +49(721) 82 82 90