(K)eine Änderung der Rechtsprechung des #Bundesarbeitsgerichts (BAG)
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber, wenn das Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, dem Arbeitnehmer das Gehalt nachzahlen (Annahmeverzugslohn). Einen kleinen Ausweg bieten § 11 Ziff. 2 KSchG bzw. § 615 S. 2 BGB: Der Arbeitnehmer muss sich die Beträge anrechnen lassen, die er böswillig unterlassen hat, zu erzielen. Die Hürden hierfür waren bis 2020 für den Arbeitgeber kaum zu überwinden.
Mit dem Urteil des BAG vom 27.05.2020 (5 AZR 387/19) setze ein zaghafter Wandel ein. Erstmals wurde dem Arbeitgeber ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer über die Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit zugesprochen, wenn Indizien für einen böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb vorliegen.
Mit Urteil vom 12.10.2022 (5 AZR 30/22) entschied das BAG sodann, dass ein böswilliges Verhalten in Bezug auf einen anderweitigen Erwerb auch darin liegen kann, dass der Arbeitnehmer die in § 38 Abs. 1 SGB III geregelten Pflicht, sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt einer außerordentlichen Kündigung bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, vorsätzlich missachtet. Allerdings führte allein das böswillige Verhalten anderweitigen Erwerbs noch nicht zu einer Erwerbsanrechnung. Hierzu musste der Arbeitgeber dann schlüssig darlegen, dass die Agentur für Arbeit dem Arbeitnehmer Vermittlungsvorschläge unterbreitet hätte und Bewerbungen des Arbeitnehmers erfolgreich gewesen wären und welchen Verdienst ab welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer dann hätte erzielen können. Also bestand noch immer eine schwer überwindbare Hürde für den Arbeitgeber.
Die Hürde hat das BAG mit Urteil vom 07.02.2024 (5 AZR 177/23) deutlich abgesenkt. Nach Auffassung des BAG trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Bewerbung auf eine Stelle erfolglos gewesen wäre, wenn der Arbeitgeber – ggf. auch über eine nachträgliche amtliche Auskunft der Agentur für Arbeit – zu besetzende und zumutbare Stellen benennt.
Schon zwei Wochen zuvor hatte das BAG am 24.01.2024 (5 AZR 331/22) entschieden, dass böswilliges Unterlassen vorliegt und ein fiktiver Verdienst angerechnet werden muss, wenn sich ein Arbeitnehmer im Laufe des Kündigungsschutzprozesses im Rahmen eines neuen Arbeitsverhältnisses vorsätzlich mit einem zu geringen Gehalt zufriedengibt oder unentgeltlich eine Leistung erbringt, die regelmäßig nur gegen eine Vergütung erbracht wird.
Fazit:
Das Risiko des Arbeitgebers bei einer unwirksamen Kündigung Annahmeverzugslohn bezahlen zu müssen, hat sich zugunsten des Arbeitgebers verschoben. Es bleibt aber als Damoklesschwert über jeder Kündigung hängen.
Im Arbeitsrecht berät Sie gerne: Frau Cornelia Leicht, +49(721) 82 82 90