Bürokratieentlastungsgesetz IV: Lockerung von Formvorschriften im Arbeitsrecht

Bürokratieentlastungsgesetz IV: Lockerung von Formvorschriften im Arbeitsrecht

Das am 1. Januar 2025 in Kraft getretene #Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) führt im Arbeitsrecht zu einigen längst überfälligen Erleichterungen bei Formerfordernissen.

Jeder spricht von der Digitalisierung der Arbeitswelt, aber noch zum 1. August 2022 hatte der Gesetzgeber die Pflicht zur Niederlegung der wesentlichen Arbeitsbedingungen in #Schriftform im Nachweisgesetz (NachwG) verankert. Unter anderem dies ändert sich jetzt durch das BEG IV.

Gemäß #§ 2 Abs. 1 S. 2 NachwG genügt nunmehr die Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen in #Textform und die elektronische Übermittlung an den Arbeitnehmer, wenn das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Eine Einschränkung gibt es nur für die in #§ 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereiche zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Dort müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen weiter in Schriftform niedergelegt werden.

Eine wesentliche Änderung durch das BEG IV hat #§ 109 Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) erfahren. War bisher die Erteilung eines Arbeitszeugnisses in elektronischer Form explizit ausgeschlossen, ist dies jetzt mit Einwilligung des Arbeitnehmers explizit möglich. Das Zeugnis muss dann mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (#§126 a BGB) versehen werden. Noch nicht geklärt ist, ob auf die Schriftform zurückgegriffen werden muss, wenn die qualifizierte elektronische Signatur wegen der daraus ersichtlichen Zeitangabe unzulässige Rückschlüsse zulasten des Arbeitnehmers ermöglichen würde, weil eine Rückdatierung rechtlich erforderlich ist, wie etwa im Fall von Zeugnisberichtigungen.

Eine weitere Erleichterung durch das BEG IV gibt es im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung. Der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher bedarf nach #§ 12 Abs. 1 S. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht mehr der Schriftform; auch hier ist nunmehr die Textform ausreichend.

Für Eltern wird die Beantragung der Elternzeit gemäß #§ 16 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) durch die Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs in Textform für ab 1. Mai 2025 geborene Kinder vereinfacht. Die Textform ist darüber hinaus beim Antrag auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilzeitarbeit während der Elternzeit bei einem anderen Arbeitgeber (#§ 15 BEEG) ausreichend. Entsprechende Formerleichterungen gelten zudem für die Ankündigung der Inanspruchnahme von Pflege- oder Familienpflegezeit (#§ 3 Pflegezeitgesetz).

Auch Aushangpflichten wie sie #§ 16 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und #§ 47 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) begründen, können in elektronischer Form, z.B. durch das Einstellen ins Intranet, erfüllt werden, wenn alle freien Zugang zum Intranet haben.

Aber die Digitalisierung hat trotz BEG IV noch ihre Grenzen.

So ist zum Beispiel für Kündigungen, Aufhebungsverträge, Befristungsabreden, nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Wertguthabenvereinbarungen weiter die strenge Schriftform erforderlich, wenngleich diese teilweise durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden kann.

Keine Ausnahme ohne Ausnahme: Die Befristungsabreden auf Erreichen der Regelaltersgrenze ist wieder in Textform möglich. Das steht aber nicht, wie man vermuten könnte, im #Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), sondern in #§ 41 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Schließlich gilt es zu beachten, dass das BEG IV keine unmittelbare Wirkung auf bestehende Vertragsverhältnisse, wie zum Beispiel Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen hat, die Vorgaben zur Einhaltung der Schriftform haben. Diese Vorgaben gelten weiter. Etwaige Änderungen müssen die jeweiligen Vertragspartner vereinbaren. Eine Pflicht eines Vertragspartners, einer diesbezüglichen Vertragsänderung zuzustimmen, gibt es indes nicht.

Zeit für ein Fazit. Ist mit dem BEG IV jetzt der große Wurf auf dem Weg zum Bürokratie-Abbau im Arbeitsrecht gelungen? Eher nicht, aber ein kleiner Schritt in die richtige Richtung wurde getan. Und jeder noch so kleine Schritt ist schließlich besser als Stagnation.

Im Arbeitsrecht berät Sie gerne: Frau Cornelia Leicht, +49(721) 82 82 90